Sunday, March 26, 2006

Bier

25.03.2006

Heute war nicht wirklich viel los, außer dass wir plötzlich Internet im AIESEC Büro hatten (mein eigenes Büro ist noch in Arbeit und in Sachen Internetverbindung bin ich noch am verhandeln).

Zur Feier des Tages entschließen Markus, Kyle und ich uns, einen Karton Heineken zu kaufen. Was daran so besonders ist? Weil man sich beim Alkohol kaufen hier ein wenig wieder so fühlt, wie als 16 jähriger, als man immer Schiß hatte den Ausweis vorzeigen zu müssen, wenn man eine Flasche Barcardi gekauft hat.

Alkohol darf nicht jeder kaufen und er ist offiziell verpönt. Trotzdem trinken auch gerade viele von den jungen Afghanen gerne mal einen. Allerdings ist Bier da nicht so beliebt, da es "wenn mal getrunken wird" um Prozente geht.

Als nach einiger Zeit in unserem Zimmer eine lustige Sammlung leerer Heinecken-Dosen steht, machen wir uns dann auch noch Sorgen, wie wir die nun entsorgen sollen. Dosen werden als einziges getrennt gesammelt. Pfand gibt es nicht, aber einen Wert scheinen sie trotzdem zu haben, denn ich habe Kinder in den Müllhaufen, die sich an manchen Straßenecken sammeln, danach suchen sehen. Wenn wir die Dosen jetzt also in den dafür vorgesehen Eimer am Haus werfen, dann wird der Guard (ein alter Pashtune) das sehen. Und der ist sehr moslemisch eingestellt...

Wie damals halt :-)

Der erste Mujahedin

24.03.2006

Gestern Abend waren wir mal wieder eingeladen. Diesmal aber nicht auf irgendeine Party oder ein Networking Event, sondern ganz gemütlich auf eine Schischa bei dem Besitzer des Gestüts, bei dem wir irgendwann noch einmal zum Reiten eingeladen sind. Wohnen tut der nämlich nicht außerhalb Kabuls, sondern ganz bei uns in der Nähe.

Zusammen mit ihm (er selbst spricht nur russisch als Fremdsprache), seinem jüngeren Bruder, der lange in den USA gelebt hat und einem Cousin der bis vor kurzen in Hamburg lebte, sitzen wir im Kreis auf den mit Teppichen und Kissen ausgelegten Boden, trinken Tee, essen Bonbons, rauchen und reden über Politik, lassen uns afghanische Witze erzählen. Angeblich ist das Sprachengewirr das dabei entsteht typisch für Kabul. Englisch, deutsch, dari, pashtu und russisch (Kyle hat dort mal ½ Jahr gelebt).

Als wir gehen wollen, wird uns noch eine besondere Ehre zuteil. Der große Bruder und Hausherr trifft ein. Er ist angeblich der erste Mujahedin, der nach dem Rückzug der Russen den Boden Kabuls betrat. Khalid stellt ihn vor und merkt an, dass es wichtig sei, auch diese Gesichter zu kennen und nicht sofort an Terrorismus zu denken, wenn es um afghanische Kämpfer geht. Der Mujahedin lächelt verlegen und begrüßt und freundlich.

Pisse

24.03.2006

Was soll jetzt diese Überschrift, wird sich der ein oder andere geneigte Leser jetzt denken. Abwarten, ist eine lustige Anekdote.

Heute war die erste große Versammlung aller afghanischen AIECEr. Markus als ausscheidender Präsident und Mitbegründer von AIESEC in Afghanistan, sowie Mahmut als DER Anschieber der AIESEC Country Extension Afghanistan, sind für einen Monat vor Ort, um ihre Arbeit nach drei Jahren endgültig in die Hände lokaler Verantwortlicher zu legen.

Dieses Treffen soll dazu dienen, sich gegenseitig besser kennen zu lernen und ein gemeinsames Verständnis sowie Ownership für die demnächst anstehenden „Future Business Leaders Conference“ zu kreieren.

Ich habe später noch einen Termin, bin aber zu Beginn dabei, um mich als neuer Trainee vorzustellen. Da Aimal bei meiner Ankunft Probleme hatte meinen Namen auszusprechen, hatte ich ihm erlaubt mich SchahSchah zu nennen. So ähnlich hatte mich früher auch immer mein spanischer Fußballtrainer gerufen, so dass das eine Art alter Spitznahme ist.

Jetzt stelle ich mich also vor und einige in der Runde brechen sich einen ab, bei der Aussprache von Sascha. Daraufhin erlaube ich ihnen gönnerhaft mich Schascha zu nenen.... betretenes Schweigen! Zum Glück saß ja Mahmut mit der Runde, der, da er in Deutschland aufgewachsen ist, die Komik der Situation verstand und zur allgemeinen Heiterkeit auflöste.

Sonst hätte mir wohl niemand gesagt, dass ich mich gerade anstatt als „König-König“ (SchahSchah) als „Pisse“ (SchaScha) tituliert hatte. Wie soll man darauf auch kommen, wenn man aus einem Land kommt, in dem die Bedeutung von Namen fast in Vergessenheit geraten ist.

Und wehe jemand labert mich jetzt auf MSN mit Schascha an, klar!!!!


Volksheld Masud

Beim durchstreifen der Straßen Kabuls stößt man immer wieder auf ein Gesicht, das als Bild in den öffentlichen Gebäuden hängt, das in DinA4 Format mitten auf den Windschutzscheiben von Autos angebracht ist und das einen auch von T-Shirts aus anschaut.

Es ist das Bild von Ahmed Schah Masud, der als Kriegsheld und Befreier verehrt wird.

Shah Ahmed Masud, eine afghanische Ikone

Masud, einer der wichtigsten Protagonisten der Nordallianz, genießt hier einen Status, vergleichbar mit dem Che Guevaras und seine Posen sowie sein Charisma erinnern tatsächlich an den berühmten Revolutionär. Mehr zu Masud

Spuren des Krieges

23.03.2006

In Kabul selbst sieht man viele zerstörte Gebäude und kann erahnen wie diese Stadt gelitten hat als die Warlords Masud, Hekmatyar und Dostam sich von ihren jeweils besetzten Hügeln aus mit Raketen beschossen haben.

Noch deutlicher vor Augen tritt die erst vor kurzem beendete Ära der Kriege (Sowjetunion, Bürgerkrieg, „Anti-Terror-Kampf“) beim erklimmen des Mausoleumhügels (siehe vorheriger Bericht).

So weisen zunächst die Gebäude am Stadtrand eindeutige Einschußlöcher auf.

Der kleine rote Bus kämpft sich die Serpentinen hinauf, vorbei an einem Friedhof, der einen kompletten Nachbarhügel einnimmt. Das typische ocker, das als Farbe die komplette Landschaft prägt, wird hier durch unzählige kleine grüne Fahnen bereichert, die neben den tausenden Grabsteinen errichtet wurden (grün ist die Farbe des Islam).

Ein anderer Hügel in der Nähe gibt mir eine Erklärung dafür, worüber ich beim lesen meiner Afghanistan-Literatur noch verwundert die Stirn gekräuselt hatte: Die Taliban haben während ihrer Regierungszeit zahlreiche Verbote erlassen, darunter das Verbot 'Drachen steigen zu lassen'. Auf diesem Hügel, auf den wir nun Blicken, lassen dutzende von Kindern ihre Drachen steigen und mir fällt erst jetzt auf, dass es verhältnismäßig viele Drachen in den kleinen Läden an Kabuls Straßen zu kaufen gibt. Die Afghanis bestätigen, dass dieser Sport hier sehr populär ist.


Von unserem Hügel aus, bietet sich eine tolle Aussicht über die Dächer Kabuls

Aimal, Khalid, Waheed und Mahmut

Als wir endlich an der Anlage oben auf dem Hügel angekommen sind, finden sich auch dort massive Spuren der Kriege. Massenmeise Patronenhülsen und Reste von Artillerie-Munition liegen herum. Aus einer der schmalen Scharten des riesigen Gebäudes ragt das Rohr eines zerstörten Geschützes. Die Anlage selbst weist viele Spuren von Raketentreffern auf, die allerdings dem aus dicken Lehmmauern bestehenden Gebäude nur wenig Schaden zufügen konnten.


Zerstörte Artillerie

Am Tor des Gebäudes sitzen drei bewaffnete Männer und erklären uns, dass das hier militärisches Sperrgebiet ist und wir umkehren müssten. Sie lassen uns noch ein Foto machen und meinen, dass auf diesem Hügel die Truppen von Ahmed Schah Masud gestanden hätten.

Das Konzept Zeit

23.03.2006

Durch langjährige Mitarbeit bei AIESEC habe ich mich ja eigentlich schon recht intensiv mit der Thematik „Interkulturelle Kompetenz“ auseinandergesetzt und konnte auch schon so manche praktische Erfahrung sammeln, wie sich unterschiedliche Weltsichten im täglichen Leben/ Zusammenleben bemerkbar machen.

Heute ist mir aber mal wieder ein besonders beeindruckendes Beispiel begegnet.

Schon bei meiner Ankunft in Kabul war mir auf einem der vielen Hügel in und um die Stadt, eine Burg oder eine Art Mausoleum aufgefallen, mit recht großen Ausmaßen, ziemlich gut erhalten und vor allem alt aussehend. Gerade im Kontrast zu den meist kleinen Bauwerken und der Zerstörung, die sonst das Stadtbild prägen, eigentlich sehr auffallend.

In der Annahme, dass es sich um ein wichtiges Stück afghanisches Kulturgut handelt, wollte ich wissen, was denn das nun sei. Als Antwort bekam ich nur fragende Blicke von meinen afghanischen Begleitern und ein kurzes knappes „irgendeine militärische Anlage“.

"Irgendeine Militärische Anlage"

Da der Ausflug zum Pferdezüchter leider auf unbestimmte Zeit verschoben werden mußte (Planung ist hier relativ), haben Markus, Mahmut, Wahid, Aimal, Khalid und ich uns entschlossen, uns das "Burg Ding" mal näher anzuschauen.

Ich versuche noch einmal herauszubekommen, um was für eine Anlage es sich denn nun handelt, bekomme aber wieder keine Antwort. Ehrlich gesagt hatte ich wirklich den Eindruck, dass die Jungs der Meinung waren, die Anlage wurde irgendwann während der Kriege der letzten 20 Jahre gebaut.

Auf meine Anmerkung, dass das Teil ja wohl eine ganze Ecke älter sei, meint Waheed nur: „OK, this things are just here, nobody cares about. Today is important, not yesterday.“

Da das unter unseren Afghanis einhellige Meinung war, muß ich jetzt wohl versuchen, dass in mein Kulturverständnis dieses Landes einzuarbeiten, was für mich als Historiker nicht leicht sein wird. Zumal diesem Volk geschichtsbewußtsein nicht unbedingt abgeht, Traditionen und die Namen vergangener Herrscher sind durchaus präsent, nicht zuletzt das Parlament fußt auf der althergebrachten Loya Jirga, der Pashtunischen Stammeszusammenkunft.



Wednesday, March 22, 2006

Pferdeallergie

22.03.2006

Am nächsten Morgen hören wir schon wieder von Khalid. Er ruft uns aus einem Stadion in Kabul an, wo gerade ein Bushkashi-Spiel stattfindet.

Wir, Markus, Kyle, Aemil, Whalid und ich werfen uns also in ein Taxi und los geht’s.

Im Stadion dürfen wir auf der VIP Tribüne Platz nehmen, unter anderem ist dort auch der französische Botschafter.




Der Star der Heimmannschaft präpariert sich

Dann geht das Spiel los. Zwei Mannschaften, auf Pferden sitzend, prügeln sich um ein totes Kalb. Der Reiter, der es erwischt, muß damit eine grüne Flagge am anderen Ende des Stadions umrunden (erster Punkt) und das Tier danach in einen Kreis direkt vor unsere Tribüne tragen (zweiter Punkt). Wer Rambo III gesehen hat weiß wovon ich rede.

Bushkashi, der Afghanische Nationalsport

Dabei geht es hoch her. Die Reiter prügeln auf ihre und die gegnerischen Pferde ein, manche fallen aus dem Sattel, Pferde rammen sich, manchmal stürzen sie auch. Am Ende fehlen dem toten Kalb ein paar Beine, und es gab wohl auch ein paar Verletzte (bei einem Gedränge an der Tribüne ist eines der Pferde auf dieselbige gesprungen und hat einen Zuschauer verletzt). Aber auf den Barrikaden stehen lediglich Soldaten, die die Menschenmassen mit scharfen Augen beobachten, keine Tierschützer.


Die Fankurve - in wenigen Minuten steht da eines der Pferde mitten drinn!
An der Mauer erkennt man übrigens "das Spielgerät"

Das tote Kalb muß in den Kreis

Ich stelle während des Matches sehr schnell fest, dass die Pferdehaarallergie, die ich als kleiner Junge mal hatte, immer noch existent ist. Augen geschwollen, Nase läuft, kaum noch Luft... schon Scheiße, denn der einzige Weg aus dem Stadion führt über das Spielfeld. Also aushalten.

Siegerehrung - Sicherheitskräfte sind immer gegenwärtig

Ging aber vorüber und war am Ende eine beeindruckende Erfahrung.

Eine Anmerkung noch, für die, die sagen: "Mit einem toten Kalb zu spielen ist barbarisch!" Natürlich ist das Kalb schon vor dem Soiel tot, natürlich wird auch der Kopf abgetrennt und außerdem wird der Kadaver noch zwei Tage in kaltes Waser gelegt, damit er am Spieltag zäher ist - also... alles halb so wild ;-)

Morgen sind wir von einem Bekannten Khalids eingeladen, der ausserhalb Kabuls Pferde züchtet... einen kleinen Ausritt wagen... mal sehen wie ich das hin bekomme.


Neujahr

21.03.2006

Frohes Neues Jahr allen da draußen!

Heute hat in Afghanistan nach islamischer Zeitrechnung das neue Jahr begonnen.

Und zwar das Jahr 1384.

Natürlich ist das ein besonderer Feiertag und diese Stimmung spürt man überall in den Straßen. Es wird nicht gearbeitet, nur wenige Geschäfte haben geöffnet, die Leute haben ihre besten Sachen angezogen, es wird durch die Straßen spaziert und es werden Photos gemacht. Andere haben ihre gesamte Familie in Kleinbusse gestopft oder auf die Ladefläche ihres LKWs gesetzt und brettern durch die Straßen, natürlich ausgelassen hupend!

Markus, der (deutsche) letztjährige Präsident von AIESEC in Afghanistan ist inzwischen angekommen und gemeinsam mit Kyle schlendern wir durch die Straßen, schauen in der Chicken Street vorbei, in der sich die Souvenierläden auf westliche Ausländer spezialisiert haben und besuchen schließlich Michael, der mit uns „Hamburger“ kochen möchte. Er hat irgendeinen Amerikaner kennengelernt, der in Afghanistan Rinder hochpeppelt und Fleisch produziert. Von dem hat er eine „Probe“ geschenkt bekommen.

Nachdem wir mit spritzendem Bratfett die ganze Küche versaut haben, genießen wir unsere Burger (wir haben extra Brötchen und BBQ-Sauce aus einem speziellen Supermarkt geholt).

Als wir fertig sind und über das Saubermachen der Küche nachdenken hat der Hausverwalter/Guard/Koch/“und-ich-weiß-nicht-welche-Jobs-er-noch-auf-sich-vereint“, die Arbeit bereits erledigt. Ist selbstverständlich hier... aber ein komisches Gefühl. Zum Glück hab ich in der Mediothek keinen solchen „Mann für alles“, sonst würde mein Ordnungsverhalten wohl endgültig versaut werden.

Nach dem essen schlendern wir noch ein bisschen durch die Stadt, begeben uns aber recht früh nach Hause, da die US-Botschaft eine Warnung für diesen Tag an alle US-Bürger herausgegeben hat, dass es eventuell zu Übergriffen kommen könnte. Wahrscheinlich, da an diesem speziellen Tag auch einige Afghanen dem Alkohol in hohen Dosen zusprechen.

Es geht also „nach Hause“ in die Mediothek, wo wir noch einen Film (Brokeback Mountain) schauen.

Spät am Abend kommt noch unerwarteter Besuch. Khalid, ein Kurator von AIESEC, der in Frankfurt eine kulturelle Begegnungsstätte betreibt und eine Mischung aus Künstler, Eventmanager und Geschäftsmann ist, vor allem aber eine echt coole Persönlichkeit, steht mit seinem Onkel vor der Tür. Sie haben uns einen Eimer mit „9Fruits“ mitgebracht, dem traditionellen Neujahrsessen. Neun verschiedene Sorten Trockenfrüchte (dafür ist Afghanistan bekannt), werden in Wasser eingelegt, worin sie zwei Tage ziehen. Schmeckt sehr lecker.


Schlamm

20.03.2006

Die Nacht hindurch hat es geregnet, was hier allgemein begrüßt wird, nicht zuletzt deswegen weil dadurch der Staub eingedämmt wird.

Ob die Alternative so viel besser ist, wage ich allerdings zu bezweifeln. Die Straßen und Fußwege, soweit diese Bezeichnung überhaupt zutreffend ist, haben sich in eine einzige schlammige Rutschbahn mit riesigen Wasserpfützen verwandelt.

Das Zeug klumpt sich an den Schuhen zusammen, spritzt an den Hosenbeinen hoch und ständig muß man aufpassen, dass man nicht ausrutscht und in einen der Kloakenkanäle am Straßenrand fällt. Zum Glück hatte ich ja eine Kindheit am Fluß, so dass ich zu Schlamm und Matsch eine liebevolle Beziehung entwickeln konnte...

Naja, beim vorankommen nervt er schon etwas.

1001 Nacht

19.03.2006

Gegen 20 Uhr setzt uns der Fahrdienst von Tolo-TV vor einem hohen Stahltor ab.

Vor dem Tor herrscht Armut, wie überall in den Straßen Kabuls. Hinter dem Tor wartet eine Einladung zur Eröffnung eines neuen Libanesischen Restaurants.

Nach der Einlaßkontrolle erwartet uns eine große gepflegte Rasenfläche mit modernen Designerstühlen (leider ist es heute regnerisch, also nix mit draussen sitzen). Grosse Fensterscheiben ermöglichen den Blick in ein gemütliches, stilvoll eingerichtetes, Restaurant -nicht wirklich luxuriös- aber schon gehobener Standard.

Warum ich dann die Überschrifft gewählt habe?

Weil alles heute Abend gratis sein soll!

Zunächst dachten wir, die Snacks die auf den Tischen standen, wären es schon, aber ziemlich schnell war klar, das da mehr kommen sollte.

Freie Getränke (Bier, Wein, Cocktails), ein Riesenbuffet (und lecker war das alles) und schwere Nachspeisen èn masse. Für die Raucher gab es Zigaretten umsonst und zum Abschluß des Abends gab es Tee/ Kaffee und eine Schischa (Wasserpfeife).

Als es wieder durch das große Stahltor hinaus auf die schlammige Straße ging (wie gesagt, es hatte geregnet), kam einem diese Insel des Reichtums inmitten der Armut umso unwirklicher vor. Dabei war dieses Restaurant eher durchschnittlich unter diesen Inseln. Immer wieder sieht man zwischen den Ruinen und kleinen ärmlichen Häusern beeindruckende Villen hervorragen. Und auch einige Hotels bieten einen Luxus, der einem unter den Umständen wenig angemessen vorkommt. Die entscheidende Frage scheint mir zu sein, ob es sich bei diesen Objekten um Leuchttürme handelt, die auf ihre Umgebung ausstrahlen, oder ob es Festungen sind hinter denen sich die Wohlhabenden verschanzen.

Monday, March 20, 2006

Dari–English, English-Dari

19.03.2006

Seit heute habe ich einen Darileher (Dari ist neben Pashtu eine der beiden in Afghanistan gebräuchlichen Sprachen), er heißt Ahmad. Er ist ungefähr10 Jahre alt und arbeitet in der Mediothek als Junge für alles. Ich habe ihm ein paar Mini-Ritter-Sport geschenkt, die ich für solche Gelegenheiten dabei habe und seitdem werde ich ihn nicht mehr los. Ich bringe ihm ein bisschen Englisch bei und er mir Dari. Tschoki=Chair, Tschlblat=Sandale, Boron=Regen. Soviel für heute, Rechtschreibung ist nicht inbegriffen.

Ahmad, mein Dari Leherer

Besonders stolz ist er auf seinen Bundeswehr-Parker mit deutscher Flagge auf dem Arm.

„Allemagne“ mag er, sagt er... wohl auch wegen unserer Schokolade.

Er ist ziemlich lernbegierig. Jedes Wort das man ihm sagt, hackt er sofort in den Computer im AIESEC Büro, um zu zeigen, dass er es jetzt kann.

Waffen und Militär

18.03.2006

Bisher habe ich hier nur eine ISAF Patrouille gesehen (2 deutsche Panzerwagen), was mich ein bisschen überrascht. Ich hätte viel mehr davon erwartet. Dafür zeigen die afghanischen Polizeikräfte eine enorme Präsenz, manchmal gibt es auf einer Straße ohne Abzweigungen an die drei Kontrollpunkte.

Italienische Patroillie

Außerdem hat jedes bessere Gästehaus ein oder zwei bewaffnete Sicherheitskräfte vor der Tür stehen (der Wachmann der Mediothek hat allerdings nur ein Luftgewehr, glaube ich). Automatische Gewehre gehören hier also zum allgemeinen Straßenbild. Vor Moscheen steht meist extra ein Hinweisschild: No weapons allowed!

Noch eine kleine Anekdote zum Thema Waffen. Als ich vorhin im Internet-Cafe des Kabul-In Hotels saß, an einer Schaufensterscheibe, die in einen Innenhof blickte, spielte sich vor mir folgende Szene ab.
Ein in US-Militärklamotten gehüllter, afghanischer Sicherheitsmann schickte sich an, mit zwei jungen Bengels Cricket zu spielen. Der Werfer stand schon fest, und der „Sicherheits“-Typ rangelte mit dem andern um den Cricket-Schläger. Dabei war er immer darauf bedacht, seine über den Arm gehängte Kalaschnikov auszuballancieren, die natürlich prompt auf den Boden rasselte. Ich habe mich mal ganz tief in meinen Lehnstuhl gedrückt und gehofft, dass das Ding durch den vielen Staub eh unbrauchbar war.


The Sound of Kabul

18.03.2006

Als Nordeuropäer denkt man ja, die Italiener haben voll einen an der Waffel, mit ihrem Gehupe in den Großstädten.

Hier schiebt sich eine endlose Blechlawine durch die Straßen, meist 3-8 spurig, obwohl die Straßen auch nicht breiter sind als eine deutsche Landstrasse. Es gibt keine Fahrbahnmarkierungen, nur die Entwässerungskanäle an beiden Straßenseiten stellen eine Barriere dar (bin schon gespannt wie es aus denen riecht wenn es hier warm wird... die sind nämlich voll mit Müll und ich-will-nicht wissen-was).

Um „besser voranzukommen“, sind alle motorisierten Verkehrsteilnehmer ständig am Hupen. Um den Fahrspaß zu erhöhen, werden ständig Überholmanöver in den Gegenverkehr hinein unternommen oder auf Kosten von Fahrradfahrern (das sind sehr oft einbeinige Minenopfer) durchgeführt. Wenn man die Straße überqueren möchte, macht sich eine jahrelange Tetris Erfahrung bezahlt. Man schiebt sich mutig zwischen den hupenden Blechmob hindurch, der irgendeiner geheimen Regel gehorchend Rücksicht darauf nimmt... natürlich nicht, ohne einen Anzuhupen, wobei anzumerken ist, dass ich als Europäer mit einem gewissen Respekt angehupt werde.

Die Hupe ist also einer der wichtigsten Klänge beim durchwandern Kabuls.

Ab und an, hört man auch mal einen tieffliegenden Helikopter und natürlich drei mal am Tag den Muezin. Allerdings kommt der gleichförmige Gesang meist von Kassette und ist nicht live. Minarette gibt es auch nur wenige, da fast alle zerstört sind.

Gestern habe ich eine Geschichte über die britischen ISAF Soldaten gehört. Eines Nachts haben eine Hand voll Tommys den Gebetsrufhitmix gegen eine Abba Kassete ausgetauscht... Kommentare hierzu spare ich mir wegen der political correctness.


Saturday, March 18, 2006

Strom und Wasser

17.03.2006

Der zweite Tag in Kabul beginnt mit einer warmen Dusche, etwas was ich schon nach wenigen Stunden in diesem Land ehrlich zu schätzen lerne, denn Wasser – noch dazu warmes – ist nicht ständig verfügbar. Die Dusche befindet sich im einzigen Raum dieses Komplexes, der sanitäre Anlagen aufweist. Auf 5 qm ist hier die öffentliche Kloschüssel, direkt daneben die Dusche (ein Duschkopf in der Decke, der es theoretisch möglich macht, auf dem Klo sitzend zu duschen) eine Waschmaschine und ein Waschbecken untergebracht. Aber eigentlich ist alles den Umständen entsprechend recht sauber – ich kann nicht meckern.

Da der Freitag in Afghanistan entsprechend unserem Sonntag der offizielle Feiertag ist, besteht der Tag hauptsächlich aus „in der Sonne herumhängen“, lesen, Computerarbeit und einem Abstecher ins Internet Cafe „Kabul In“.

Am Abend dieses Tages fällt gegen 9 Uhr der Strom aus und die Kerzen, die ich mitgebracht habe, machen sich bezahlt. Ich weiß gar nicht ob ich überhaupt schon jemals bei Kerzenlicht gelesen habe. Auf jeden Fall lernt man den Umgang mit knappen Recourcen sehr gut: Mein Laptop war natürlich zum Zeitpunkt des Stromausfalls auf Akkubetrieb und der Akku leider fast leer. Das passiert mir nicht noch mal.

Kyle ist heute abend auf einer St. Patricks Day Party in der Botschaft der USA. Für mich war es leider zu spät, mich anzumelden, da die Namen der Gäste der Botschaft drei Tage vorher hätten bekannt sein müssen. So bin ich allein in der Mediothek (das sonstige Personal ist wegen des Feiertags auch nicht anwesend). Ein bisschen unheimlich ist das ehrlich gesagt schon. „Waren dass nicht Schüsse, die irgendwo da draußen zu hören waren?“ Gegen 24 Uhr ist der Strom aber wieder da. Waschen fällt allerdings aus, da das Wasser sich inzwischen auch wieder abgemeldet hat. Also nur das kleine Programm, mit Zähneputzen aus der Wasserflasche.



Nightlife in Kabul

16.03.2006

Am Abend meines ersten Tages war volles Programm angesagt. Zunächst wurde in der Mediothek, wo ich wie gesagt mit Kyle aus Australien ein Zimmer teile, ein Poetry-Evening veranstaltet. Ein bekannter Kabuler Dichter las aus seinem Buch, anschließend wurde über Poetry diskutiert und Anwesende hatten die Möglichkeit eigene Gedichte zu verlesen. Das alles war natürlich auf Paschtu, einer der beiden Sprachen Afghanistans. Die Dichtung handelte vor allem von Erkenntnissen, welche die einzelnen Personen über sich und ihr Land gewonnen haben – soweit habe ich mich informieren lassen. Dichtung spielt eine wichtige Rolle in der afghanischen Kultur.

Die ganze Veranstaltung spielte sich im Innenhof des Mediothek Gebäudes ab: Blühende Bäume (hier ist schon Frühling), Teppiche und Kissen auf dem Rasen, ein Feuer und immer der obligatorische Tee, der an alle Anwesenden verteilt wird.


Um 9 Uhr werden Kyle und ich von Michael abgeholt. Michael (USA) ist ebenfalls ein AIESEC Praktikant, der ein Praktikum bei Tolo-TV, dem größten afghanischen Privatfernsehsender absolviert. Den Angestellten von Tolo-TV steht ein Fahrdienst zur Verfügung, über den sie 24 Stunden am Tag per Anruf verfügen können. Wir sammeln noch zwei von Michaels Kollegen auf (einen weiteren Ami und einen Afghanen) und fahren zum Firmengelände des Mobilfunkanbieters Roshan (dessen Kunde ich inzwischen auch bin) an den Stadtrand Kabuls.

Bei der Einfahrt werden die Autos mit einem Spiegel nach Bomben abgesucht, sowie unsere Ausweise kontrolliert.

Das Innere das Geländes gleicht einer europäischen Ferienanlage mit Fitnessraum und Pool. Die Appartements, die Roshan seinen ausländischen Angestellten zur Verfügung stellt, sind ziemlich nobel (habe ich schon erzählt, wie ich untergebracht bin? Kommt noch!). Dort treffen wir noch auf ein paar weitere Praktikanten aus Kanada, Australien und den USA. Bei Wodka Lemon wird herumgescherzt, über die Nobelunterkunft hergezogen und beraten was man denn noch so machen könne mit dem Abend.

Michael holt eine Packung mit ziemlich bunten „Knusperkaugummis“ aus der Tasche und verkündet stolz, das er sich dieses Stück Heimat hat von seinen Eltern zuschicken lassen.

Alle sollen probieren! Als der Afghane ablehnt meint er: „Hey man! This is my culture!“ Worauf der Afghane einen großen Klumpen schwarzen Afghanen aus der Tasche zieht, mit den Worten „And this man, is my culture!” und einen Joint baut.


Als dritter Teil des Abends wartet das Samarkant auf uns. Eine Diskothek mitten in Kabul, die ich so nicht erwartet habe. Aber zunächst einmal gilt es dorthin zu kommen. Die Jungs von Tolo TV haben zwei Autos geordert, mit denen die knapp 8 Kilometer bewältigt werden sollten. Auf der Strecke warteten ganze 9 Polizeikontrollen auf uns, welche die nächtliche Ausgangssperre überwachen, die aber anscheinend nur für Einheimische gilt.

Das Samarkant ist voll von westlichen Ausländern und wohlhabenden Afghanen, die hier im krassen Gegensatz zur maroden, zerstörten Stadt ausgelassen feiern. Bezahlt wird nur mit Dollars, was ein Problem für mich ist, als ich ein Heinecken bestelle und zum bezahlen nur Euros und Afghani parat habe. Die Bedienung startet wilde Umrechenversuche, dann klingelt ihr Telefon. Als sie nach knapp 5 Minuten immer noch nicht zurück ist, fühle ich mich für das Bier verantwortlich und übernehme die Aufgabe es sachgemäß zu entsorgen.

Gegen drei Uhr bin ich wieder in meinem Zimmer in der Mediothek – ein langer erster Tag ist zu Ende.

Landestypisch Essen

16.03.2006

Am Nachmittag bin ich mit Sahid und Aemil durch die Stadt gegangen, um später in einem Restaurant zu essen.

Die meisten Ausländer aus westlichen Ländern bewegen sich hauptsächlich mit dem Auto vorwärts, so dass man bei einem Spaziergang ziemlich auffällt. Als ich mit Hilfe meiner beiden afghanischen Begleiter an einer Straßenecke Geld tausche, bin ich sofort umringt von einer Horde Jungen, die Guthabenkarten für Prepaid-Telefone verkaufen. Fast an jeder Straßenecke stehen Kinder, die diese Dinger verhökern. Außerdem gibt es viele Kinder, gerade mal 5-8 Jahre alt schätze ich, die sich vor einem aufbauen, einen aus großen Augen anschauen und betteln oder irgendwelche Mintbonbons oder Kaugummis verkaufen wollen. Ziemlich schwer, dabei kalt zu bleiben, wenn die sich an einen randrücken und auf Dari „Bitte, Bitte!“ sagen. Die sehen echt verdammt arm aus!!! Einem kleinem Mädchen habe ich dann auch eine Schachtel Pfefferminzbonbons für 10 Afghani abgekauft – umgerechnet 1,50 Euro. Schon irre, wie die sich gefreut hat.

Aber eigentlich wollte ich hier ja was über das Essen schreiben. Meine beiden Begleiter haben mich mit in ein typisches Restaurant genommen, wo wir „Pulao“ serviert bekamen – das ist Reis mit Rosinen und Mandeln. Irgendwo in dem Reisberg ist ein Stück Fleisch versteckt. Eigentlich ganz lecker. Allerdings hatte ich die ganze Zeit Prophezeihungen vor Augen, mein Magen müsse sich erst einmal an die einheimische Kost gewöhnen, bzw. an die hygienischen Zustände. Der Laden war wohl für afghanische Verhältnisse sehr gepflegt, allerdings fallen den europäischen Augen schon Dinge wie der speckige Vorhang vor der Küche, die marode Elektroinstallation und halt eine gewisse „Ramschigkeit“ auf. Besonders schön: Die typischen Joghurtspeisen, die der Afghane nach dem Hauptgang isst, sind auf Vorrat in einem Regal im Gastraum gestapelt. Sie werden den Gästen ungefragt hingestellt, wenn sie nicht konsumiert werden kommen sie halt zurück ins Regal. Zusätzlich ist das Restaurant zur Hauptstrasse hin komplett offen – Ihr erinnert Euch an den Staub?

Meinen Reis habe ich also gegessen, immer den drohenden Durchfall im Hinterkopf, die Joghurtspeise habe ich stehen lassen. Zuhause habe ich vorsichtshalber schon mal die Kohletabletten rausgelegt, allerdings hatte ich meinen Magen wohl unterschätzt, der nämlich keine Probleme machte.

Mein Job

16.03.2006

Die ursprüngliche Beschreibung meiner Tätigkeit für die Firma Paiwastoon in Kabul beinhaltete vor allem eine Marketing-Kampagne für deren Web-Dienste.

Noch in Deutschland, wo ich mich mehrmals mit meinem Chef, Herrn Schlabach, einem deutschen Unternehmer, der neben seiner deutschen IT-Beratungsfirma die afghanische Firma Paiwastoon als eine Art Herzensangelegenheit betreibt, stellte sich heraus, dass es wohl in seiner Kabuler Niederlassung einige Probleme bezüglich der Kommunikation gebe.

Die Kommunikation mit seinem afghanischen Statthalter, Herrn Hotaki laufe eher schleppend, außerdem sei in dem Kabuler Büro seit einiger Zeit kein Internet verfügbar – was ja eher schlecht für ein Internet-Unternehmen ist.

Ich sollte die ersten zwei Wochen nutzen, um die Atmosphäre zu spüren und die Internetverbindung wieder herzustellen.

Zwei Tage vor Abflug erreicht mich dann die Nachricht, das Herr Hotaki seit drei Monaten nicht für die Firma arbeitet, dies aber bisher keinem mitgeteilt hatte. Da er der einzige fest angestellte ist, bedeutet das, dass ich zunächst mal der einizige Repräsentant der Firma Paiwastoon in Kabul sein werde.

Inzwischen durfte ich feststellen, dass nicht nur Herr Hotaki nicht mehr da ist, sondern auch das technische Equipment. Außerdem wurde das Büro, welches Paiwastoon durch die „Mediothek für Afghanistan“, einer gemeinnützigen Kulturbegegnungsstätte zur Verfügung gestellt wurde, inzwischen anderweitig vergeben wurde. Na toll!!!

Hameed, der Verwalter der Mediothek, ist allerdings sehr kooperativ und bemüht sich dem Abhilfe zu schaffen. Im Gegenzug dazu kümmere ich mich darum, wieder eine Internetverbindung für die Anlage zu organisiern.


Das Hauptaugenmerk werde ich zunächst auf einen Auftritt von Paiwastoon auf einer von AIESEC organisierten Konferenz legen. Hier geht es darum, afghanischen Studenten und Studentinnen bei der Organisation und Planung der eigenen Karriere zu helfen. Dazu werde ich einen Soft Skill Workshop planen, sowie einen Stand auf einer Art Firmenkontaktmesse.
Also zu tun gibt es schon etwas, auch ohne Infrastruktur.

Staub!!!

Mal kein Staub, dafür ein nettes Empfangskomitee: Aemil, Kyle, Sabir und ich im innenhof der Mediothek

16.03.2006

Die Erwartungen, die ich an Afghanistan hatte, werden voll erfüllt als ich aus dem Flugzeug steige. Eine tolle Bergkulisse, eine weitgehend ockerfarbene Landschaft, viel Militär und vor allem Staub. Die Koffer auf dem Laufband in der kleinen Flughafenhalle sind überzogen mit einer feinen Schicht davon. Er wird aufgewirbelt als die afghanischen Kofferkulis sich in dichten Trauben auf das Gepäckband stürzen, um die Kofferanhänger mit den Gepäckscheinen zu die ihnen von deren Besitzern gegeben wurden. Da ich nur wenig Gepäck habe erledige ich das selbst und stürze mich ins Gedränge.

Nachdem ich meinen Koffer erbeutet habe verlasse ich das Flughafengebäude durch die provisorischen Sicherheitskontrollen.

Der gesammte Vorplatz des Airport ist für Afghanen gesperrt. Es stehen jede Menge deutsche Polizeifahrzeuge herum, die der afghanischen Regierung durch die deutsche geschenkt wurden (ein großer Aufkleber am Heck, mit deutscher Flagge unterstreicht dies).

Im zweiten Sicherheitsring um den Flughafen erwarten mich Kyle und Conny mit einer großen AIESEC-Fahne. Kyle aus Australien macht ein unbezahltes 3-monatiges Praktikum für AIESEC, sie ist hauptverantwortlich für meine Betreung vor Ort. Conny aus Deutschland arbeitet für eine afghanische Marketingfirma die mit AIESEC cooperiert. Die beiden begleiten mich durch den dritten Sicherheitsring hinaus, wo eine riesige Menschenmenge hinter einem Stacheldrahtzaun darauf wartet Verwandte zu empfangen und irgendwelchen Kram an Ausländer zu verhökern.

Dort treffe ich auch auf Aemil und Sahim, zwei afghanische AIESECer.

Mit dem Taxi geht es durch den dichten, chaotischen Verkehr durch Kabul, vorbei an meist ein- bis zweistöckigen Gebäuden. Die Fahrzeuge, meist Taxis oder Kleinbusse, sorgen auf den nicht asphaltierten Strassen dafür, dass alles in eine dichte Staubwolke gehüllt ist. Wenn ich in drei Wochen wiederkomme muss ich dringend mehr Taschentücher mitnehmen, denn das Zeug sorgt für eine ständig verstopfte Nase.


Ariana Air


Mittwoch, der 15.03.2006

Jetzt geht es also los.

Nach einem letzten leckeren deutschen Essen (Grünkohl mit Bregenwurst) bringen mich meine Eltern nach Göttingen, von wo aus es mit dem ICE nach Frankfurt geht.

Im ICE komme ich mit einer deutschen Sanitätssoldatin ins Gespräch, die bis vor kurzem 6 Monate in Kabul war. Sie erzählt ein paar Schauergeschichten, gibt mir nützliche Tipps („wenn Du zum Arzt musst, geh ins deutsche Camp Warehaus... die lassen dich da rein“) und schenkt mit eine Telefonkarte mit 8 Euro Guthaben der Bundeswehr, mit der man von allen Telefonen für wenig Geld nach Deutschland telefonieren kann.

Am Flughafen angekommen, wimmelt es in der Abflughalle E nur so von Afghanen. Viele von ihnen kehren nach mehr als 20 Jahren in Europa das erste mal wieder zurück in ihr Heimatland. Einer meint zu mir: „Wenn ihr Europäer in unser Land geht, dann ist es eine Ehrensache, dass auch wir wieder zurückkehren.“

Ausser den Afghanen gibt es eine kleine Gruppe Europäer (Deutsche/ Holländer und Briten) die den Flug gebucht haben. Alle werden nach der offiziellen Personen- und Handgepäckkontrolle noch durch eine zweite, strengere Kontrolle gelotst. Die Kerzen, die ich im Handgepäck dabei habe, werden einer speziellen Kontrolle unterzogen, könnten ja aus Sprengstoff sein.

Der Flug selbst verläuft unspektakulär (bis auf das kleine Mädchen neben mir, das beim Essen nach dem Start erst einmal ihre Spucktüte füllt). Den größten Teil des 6,5 Stunden langen Fluges verbringe ich schlafend. Das erscheint mir klüger als mir Gedanken über den nicht unbedingt hervorragenden Ruf von Ariana Afghan Air zu machen. Aber außer ein paar flackernder Lampen im Flugzeuginnenraum und meinem losen Sitzkissen gab es eigentlich nichts zu beanstanden.

Die Landung bot mir einen spektakulären Blick über das Hindukusch-Gebirge und über das unter mir liegende beige Kabul.