Thursday, April 06, 2006

Taxifahren

Etwas, was ich immer wieder faszinierend finde, ist mit dem Taxi durch Kabul zu fahren.

Von Fahren kann man zwar meist nicht sprechen, da die Rushhour morgens um 7 beginnt und erst gegen 19 Uhr endet, wenn aber mal ein paar Meter freie Straße in Sicht sind, dann wird das Pedal auch durchgetreten. Die Vorfahrt muß generell erzwungen werden und auf den Kreuzungen entstehen groteske Automosaike, denn anscheinend sind sich die Afghanis nicht so recht einig, ob nun Rechts- oder Linksfahrgebot herrscht. Beim links abbiegen zum Beispiel, wird auch schon mal in den Gegenverkehr hinein abgebogen, so das die entgegenkommenden Fahrzeuge halt so lange warten müssen, bis sich in der in Fahrtrichtung fließenden Blechlawine eine eine Lücke ergibt, in die man hinein stoßen kann. Hauptsache man hat erstmal den Abbiegevorgang erfolgreich durchgeführt und ist nicht im Strom der Fahrzeuge weiter gespült worden.

Dabei wird natürlich immer ordnungsgemäß gehupt!

Es ist übrigens wirklich interessant, wie viele von diesen Hupmelodien es gibt, da gibt es hier echt einen Markt.

Die Taxis selbst sind gelb, es gibt unzählige davon in Kabul und die Preise unterscheiden sich für hiesige Verhältnisse drastisch (die Preise für eine Fahrt im Stadtgebiet bewegen sich zwischen 70 Cent und 1,40 Euro).

Es gibt uralte Kisten, mit völlig abgefahrenen Reifen und unzähligen Beulen aber auch neuere Fahrzeuge (mit genauso vielen Beulen).

Altes und neues Taxi auf den schlammigen Straßen Kabuls

Im Innenraum ist meist das Armaturenbrett schön mit Teppich verziert und es hängen Afghanistan-Wimpel am Rückspiegel. In jedem Taxi mit dem ich gefahren bin, war die Frontscheibe gesprungen, und zwar nicht so ein kleiner Riß am äußeren Rand, sondern ein fetter quer über die gesamte Breite. Zum Glück gibt es ja Ahmed Schah Masud, der im DinA4 Format einen stabilisierenden Faktor mitten auf der Scheibe bildet.


Die absolute Ausnahme: Ein Taxi mit intakter Windschutzscheibe und eine freie Straße

(Ibrahim hat sich übrigens sehr gefreut, dass ich ihn bei der Arbeit photographiren wollte)

Was ich aber eigentlich faszinierend an den Taxifahrten finde, sind die Eindrücke, welche massiv auf einen einströmen. Wie gesagt müssen die Autos wegen des Verkehrsaufkommens langsam fahren, so dass man intensiv beobachten kann. Man fährt vorbei an den Ladenzeilen, an denen auf dem Bürgersteig, im Staub Kabuls und den Abgasen der Autos Pommes auf dem offenen Feuer frittiert, Obst, Fisch oder Rindshälften angeboten und verschiedene Tees ausgeschenkt werden. Es gibt Läden in den raubkopierte Filme und Computerprogramme verkauft werden. Männer fahren ihre in Burkagehüllte Frauen auf dem Fahrrad spazieren, Kriegsversehrte bieten Telefon-Credit-Cards an und Bewaffnete Sicherheitskräfte stehen in lässiger Pose vor ihren zu schützenden Objekten.

Dazu dröhnt aus dem Autoradio orientalische Popmusik – diese Szenen könnte man ungeschnitten im Fernsehen senden.

Laut deutscher Botschaft wird vor Taxifahrten auch gewarnt (wegen Entführungen), was für mich bedeutet, dass ich meist einen afghanischen AIESECer bitten muß, mit mir zu fahren. Als ich gestern früh am Morgen fahren mußte, hat mir der Guard der Mediothek ein Taxi gestoppt und dessen Kennzeichen aufgeschrieben (und den Fahrer dies auch angezeigt). Schon krass.

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